Dienstag, 30. August 2011

Es ist wieder soweit

Obwohl es ja in den letzten Wochen hier sehr heiss war, sind ein Paar Auftragssocken entstanden. Verwendet habe ich viele verschiedene blaue Resten und einmal mehr das Ringwood Muster. Ich weiss nicht, wie es kommt, dass das eine Bild nun kleiner erscheint ... die Technik überrascht mich immer wieder.
(Edit: ein paar Tage später habe ich dann doch noch herausgefunden, wie man die Bildgrösse bestimmen kann ....)



Ansonsten habe ich nach wie vor viele (= vier) verschiedene Projekte auf den Nadeln, zum Teil auch schon leicht angegraut vor Alter, so dass ich wohl nächstens die Mittwochs-Strategie wieder einführen muss, wenn ich auf einen grünen Zweig kommen will.

Die schöne heisse zweite August-Hälfte habe ich sehr genossen und nun, in diesen Tagen war es wieder soweit: meine liebste, die fünfte Jahreszeit hat stattgefunden und kündet den Herbst an.




Die fünfte Jahreszeit

(…) Wenn der Sommer vorbei ist und die Ernte in die Scheuern gebracht ist, wenn sich die Natur niederlegt, wie ein ganz altes Pferd, das sich im Stall hinlegt, so müde ist es - wenn der späte Nachsommer im Verklingen ist und der frühe Herbst noch nicht angefangen hat -: dann ist die fünfte Jahreszeit.

Nun ruht es. Die Natur hält den Atem an; an andern Tagen atmet sie unmerklich aus leise wogender Brust. Nun ist alles vorüber: geboren ist, gereift ist, gewachsen ist, gelaicht ist, geerntet ist - nun ist es vorüber. Nun sind da noch die Blätter und die Gräser und die Sträucher, aber im Augenblick dient das zu gar nichts; wenn überhaupt in der Natur ein Zweck verborgen ist: im Augenblick steht das Räderwerk still. Es ruht.

Mücken spielen im schwarz-goldenen Licht, im Licht sind wirklich schwarze Töne, tiefes Altgold liegt unter den Buchen, Pflaumenblau auf den Höhen ... kein Blatt bewegt sich, es ist ganz still. Blank sind die Farben, der See liegt wie gemalt, es ist ganz still. Boot, das flußab gleitet, Aufgespartes wird dahingegeben - es ruht.
So vier, so acht Tage –
Und dann geht etwas vor.

Eines Morgens riechst du den Herbst. Es ist noch nicht kalt; es ist nicht windig; es hat sich eigentlich gar nichts geändert - und doch alles. Es geht wie ein Knack durch die Luft - es ist etwas geschehen; so lange hat sich der Kubus noch gehalten, er hat geschwankt..., na ... na ..., und nun ist er auf die andere Seite gefallen. Noch ist alles wie gestern: Die Blätter, die Bäume, die Sträucher ... aber nun ist alles anders. Das Licht ist hell, Spinnenfäden schwimmen durch die Luft, alles hat sich einen Ruck gegeben, dahin der Zauber, der Bann ist gebrochen - nun geht es in einen klaren Herbst. Wie viele hast du? Dies ist einer davon. Das Wunder hat vielleicht vier Tage gedauert oder fünf, und du hast gewünscht, es solle nie, nie aufhören. Es ist die Zeit, in der ältere Herren sehr sentimental werden – es ist nicht der Johannistrieb, es ist etwas andres. Es ist: optimistische Todesahnung, eine fröhliche Erkenntnis des Endes. Spätsommer, Frühherbst und das, was zwischen ihnen beiden liegt. Eine ganz kurze Spanne Zeit im Jahre.


Es ist die fünfte und schönste Jahreszeit.


Kurt Tucholsky, Die fünfte Jahreszeit (Auszug)
Erschienen unter dem Pseudonym "Kaspar Hauser" in der Weltbühne am 22.10.1929


2 Kommentare:

Sonja`s Gestricksel hat gesagt…

Tolle Socken und ein wunderschönes Gedicht!
LG Sonja

lauréus hat gesagt…

Danke - Du sprichst mir mit diesem Gedicht (vor allem dem letzten Teil) vom Herzen
Liebe Grüsse
Lauréus